Mein Kind / Baby hat Wasser verschluckt? Droht das zweite Ertrinken?
Nachdem unser Baby nunmehr eine Woche auf diesem wundersamen Planeten verweilt und die Zeit gut rumzubringen scheint war es heute an der Zeit für das erste Bad. Unglücklicherweise lief alles nicht 100% so wie es geplant war und so kam es, dass das Baby Wasser verschluckt hat. „Ist das schädlich?“ war der erste Gedanke der mir durch den Kopf ging, nachdem das Baby Wasser verschluckt und danach abgehustet hat.
Schnell war das Internet angeschmissen und die Suchergebnisse liessen dramatisches vermuten. „Das sekundäre Ertrinken“ – Badeunfälle, Kind = Tot ach du meine Güte. Zeit dem ganzen auf den Grund zu gehen.
Schnellspanner:
- Unterschiede: Ertrinken, sekundäres Ertrinken und trockenes Ertrinken
- Das klingt alles so Schlimm – Muss ich mir Sorgen machen
- Erfahrungsbericht: Wie kam es zum verschlucken? Das erste Bad unseres Babys
Die Wahrheit über sekundäres Ertrinken: Gibt es das zweite Ertrinken wirklich?
Verschlucktes Wasser kann in der Tat gefährlich werden. Wenn Wasser z.B. beim Baden oder Schwimmen in die Lunge gerät, also eingeatmet wird, kann der Körper mit einem Lungenödem auf den Fremdinhalt in der Lunge reagieren. Dies führt im schlimmsten Fall zum Tod des Kindes.
Gelangt also Wasser beim einatmen in die Atemwege eines Kindes, so reagiert das Kind zu allererst mit Husten um das Wasser reflexartig abzutransportieren. Das ist wohl ganz normal und jeder Erwachsene kennt es. Das Gefühl „Es muss raus“ das beim Verschlucken auftritt. Als ich begonnen habe mir darüber Gedanken zu machen, wie normal verschlucken eigentlich ist, habe ich mich etwas beruhigt. Schließlich habe ich mich selbst auch schon unzählige Male unter Wasser oder beim Trinken verschluckt. Ich glaube schlimm wird es erst wenn der Husten anhält oder später erneut auftritt. Das bestätigt auch ein renommierter Kinderarzt:
Beginnt ein Kind nach einem Badeunfall obwohl es eine Phase ohne Beschwerden hatte erneut wieder zu husten, atmet ungewöhnlich schnell, wirkt teilnahmslos oder anders als sonst, oder es verfärben sich die Lippen, dann sollte es umgehend in eine kinderärztliche Notfallaufnahme, rät Prof. Hans-Jürgen Nentwich, ehemaliger Leiter der Kinderklinik Zwickau.
Quelle: Apotheken-Umschau.de
Das trockene Ertrinken
Ebenfalls beängstigend zu lesen waren die Hinweise über den sogenannten Stimmritzenkrampf. Dieser wird auch als Laryngospasmus bezeichnet oder aber Glottiskrampf genannt. Sobald Wasser eingeatmet wird verkrampft bei uns Menschen die Stimmritze des Kehlkopfs. Ein natürlicher Schutzmechanismus der uns vor dem Ertrinken retten soll. Bei dieser unwillkürlich herbeigeführten und anhaltenden Kontraktion der Stimmritzenmuskeln, tritt eine tonusartige Verkrampfung selbiger auf. Im Zuge dessen setzt die Atmung aus. Diese spastische Verkrampfung geht mit Schmerzen einher.
„Das Einatmen von Flüssigkeiten führt zu einem augenblicklichen Verschluss des Kehldeckels. Dieser Schutzmechanismus wird durch Rezeptoren ausgelöst, die sich im Bereich des Kehlkopfeingangs befinden. Gleichzeitig wird versucht, die Fremdkörper, die Flüssigkeit etc. aus diesem Bereich durch Abhusten zu entfernen.“
Quelle: Wikipedia – Link
Bei vielen Menschen setzt sofort Panik ein, das Gefühl zu ersticken kennt vermutlich fast jeder. Ein Glottiskrampf beim Kind wird einem deshalb vermutlich sofort auffallen. Neben der Panik setzt Ohnmacht ein. Während diese bei manchen Fällen den Stimmritzenkrampf beendet, hält die Verkrampfung bei den meisten Menschen auch während der Ohnmacht an. Erste Hilfe Maßnahmen sind für Laien nicht durchführbar. Sollte ein Kind also an einem Stimmritzenkrampf leiden und das trockene Ertrinken drohen, so hilft vermutlich nur ganz schnell den Notarzt oder den Rettungsdienst zu rufen.
Das klingt alles Furchtbar – Muss ich mir Sorgen machen?
Wenn das eigene Kind Wasser verschluckt ist die Aufregung der Eltern meist größer als das Risiko ernsthafter Komplikationen. Beim baden und schwimmen kommt es immer wieder vor, dass die Kinder und Babys unfreiwillig Wasser einatmen. Dabei entsteht ein akut auftretender Hustenreiz. In den allermeisten Fällen wird damit das eingeatmete Wasser wieder aus dem Atemsystem des Kindes ausgestoßen. Selten bleiben geringe Mengen Wasser in den Atemorganen zurück. Diese Kleinstmengen sind in der Regel unbedenklich und werden nach und nach abgebaut. Anders müsste es wohl aber aussehen, wenn das Wasser trotz Hustenreflex nicht ausgeschieden wird. Auch bei größeren Mengen Flüssigkeit die inhaliert wurden sieht das sicher weniger harmlos aus.
„Nur wenn die verschluckte Wassermenge bedenklich ist, kommt es zu allgemeinen Beschwerden, wie Atemnot und Blaufärbung. Bei ganz akuten Sachen kommt der Notarzt und schaut sich das an. Wenn das Kind aber völlig symptomfrei ist, es ihm gut geht, muss man sich keine Sorgen machen, dann gibt es keinen Grund zur Panikmache.“
so Heike Teichler, niedergelassene Kinderärztin in Halle. Quelle: Mdr.de
Weiterhin achten sollte man auf Symptome wie Übelkeit oder Durchfall nach dem Verschlucken von Wasser. Im Zweifel ist es immer besser einen Arzt aufzusuchen oder ins Krankenhaus zu fahren. In den allermeisten Fällen ist das verschlucken von Wasser für Kleinkinder und Babys jedoch harmlos und kommt in etlichen Haushalten täglich vor.
Puuuh – Das macht froh! Dem Baby geht es gut und wie so oft habe ich mir mal wieder zu viele Gedanken gemacht.
Doch wie kam es überhaupt dazu dass unser Baby Wasser eingeatmet hat?
An seinem ersten Badetag wollten wir alles richtig machen. Natürlich stellten sich auch beim Thema Kind baden gleich wieder etliche Fragen ein. Ist das Wasser zu heiß oder zu kalt? Wieviel Grad sollte das Wasser für ein Babybad haben?
Die optimale Temperatur liegt laut der einschlägigen Literatur zwischen 35° und 37° Celsius, das entspricht etwa unserer Körperwärme und ist damit in einem Bereich, in dem der Mensch weder unterkühlt noch überhitzt.
Doch wie findet man die Wassertemperatur heraus wenn man kein Thermometer zur Hand hat?
Da wir noch einige Tage ohne Thermometer zurecht kommen müssen, habe ich das Wasser eingelassen und dabei immer wieder den Handrücken durch das fliessende Wasser geführt. Hat sich die Temperatur kühl angefühlt habe ich nach oben korrigiert, war sie zu heiss nach unten. Nach einigem Hin- und Her mit zwischenzeitlichen Kalibrierungsphasen in dem sich meine Haut wieder an die Zimmertemperatur gewöhnt hat, habe ich die perfekte Wassertemperatur gefunden. Lauwarmes Wasser das sich für mich weder kalt noch warm anfühlt.
Dem Baby hat diese Temperatur auch sichtlich gefallen. Auf Papa’s Brust liegend hingen zuerst nur seine kleinen Füßchen im Wasser. Nachdem unser Baby dies ohne Murren akzeptiert hat, begann ich die Oberschenkel mit Wasser zu benetzen. Nach und nach ließ ich das Baby behutsam weiter ins Wasser einsinken. Ein Lächeln machte sich auf des Babys Gesicht breit und es fing an im Wasser Schreitbewegungen zu vollziehen. Übers Wasser laufen konnte es dann allerdings doch nicht. Schade.
Das Bad selbst jedenfalls hat unserem Baby gut gefallen. Leider ist dann trotz aller Vorsicht beim eintauchen des Köpfchens etwas Wasser in den Mund des Babys gelangt.
Das Baby hat sich am Wasser verschluckt, kurz gehustet und war im Anschluss quicklebendig ohne irgendwelche Folgeerscheinungen.
Trotzdem macht man sich natürlich sofort Sorgen. Während man bei einem Erwachsenen im Höchstfall mal kurz auf den Rücken klopfen würde, wenn er Wasser verschluckt hat, gehen bei einem Kleinkind gleich alle Warnglocken an. Oh Gott mein Baby hat Wasser verschluckt.
Was ist wenn das Wasser in die Lunge gelangt ist?
Natürlich stellt man sich diese Frage. Auch wir waren erstmal entsetzt und dachten an das Schlimmste. Wir malten uns aus was das verschlucken für Folgen haben könnte.
Nach Rücksprache mit einer erfahrenen Mutter waren wir dann jedoch mehr oder weniger schnell wieder beruhigt. Das Kinder einmal Wasser verschlucken, kommt in den besten Familien vor und ist in den meisten Fällen harmlos. Ausnahmen siehe oben.
Es ist also etwas völlig normales und wird sowohl im Kleinkindes- wie auch im folgenden Kindesalter noch häufiger passieren. Beim ersten Schwimmbadbesuch, beim Planschen im Planschbecken. All das sind natürliche Situationen in denen im Eifer des Gefechts mal ein Schluck Wasser vom Kind herunter geschluckt wird. Verschluckt es sich dabei, ist dies in aller Regel nur ein Indiz dafür, dass der Körper und die Körpereigenen Abwehrmechanismen gut arbeiten.
Was ist wenn das Kind im Schwimmbad Chlor-Wasser verschluckt hat?
Ich sah beim Schreiben des letzten Absatzes schon die Frage aufkommen. Deshalb schreibe ich es hier prophylaktisch. Nach meinen Recherchen und dem eigenen Verständnis her, ist es für Kinder (Ja auch für Babies und Kleinkinder) nicht über die Maßen bedenklich, wenn Sie im Schwimmbad ein bischen chlorhaltiges Wasser verschlucken.
Dies gilt jedoch nur, solange keine Chlorallergie vorliegt. Neigt ein Kind zu allergischen Reaktionen auf Chlor, so sollten Sie unbedingt einen Arzt aufsuchen wenn sich starke Allergie-Symptome oder gar ein anaphylaktischer Schock ergeben.
Ansonsten gilt wohl:
Solange der Chlorgehalt nicht die in Schwimmbädern zugelassenen Grenzwerte überschreitet, ist dies in Bezug auf den Chlorgehalt meines Erachtens in der Regel unbedenklich. Auch fördert gering chlorhaltiges Wasser nicht das „zweite Ertrinken“
Eher gefährlich können die im Wasser enthaltenen Bakterien und Parasiten sein.
„Kinder sind besonders gefährdet, da sie im Pool ungefähr das 4-fache an Wasser schlucken – durchschnittlich ca. 125 ml in einer Stunde“
Quelle: Familie.de
Ganz anders sieht es jedoch bei hochkonzentriertem Chlorgehalt aus
Wenn das Kind beispielsweise ausversehen das Wischwasser mit Chlorzusatz getrunken hat oder ihm Chlor in die Augen geraten ist, rufen Sie unbedingt sofort den Giftnotruf ihres Landes (z.B. 0228 – 19240) der Giftzentrale an.
Geben Sie dem Kind vorsichtig etwas Wasser oder Tee zu trinken, jedoch keine kohlensäurehaltigen Getränke. Das Kind darf beim Trinken keinen Brechreiz bekommen. Rufen Sie den Gift-Notruf und fahren Sie auf dessen Anweisung zum nächsten Kinderarzt/Krankenhaus
Quelle: Kindersicherheit.de
Wenn Chlor ins Auge gelangt ist, sollte man nach meiner Kenntnis das Auge mit klarem sauberen Wasser 15 Minuten lang mit fließendem Wasser abspülen. Achten Sie dabei auf eine kindgerechte Temperatur um unnötiges Unwohlsein zu vermeiden.
Von ärztlicher Seite ist ähnliches zu hören:
„Eltern sollten dann sofort lauwarmes Wasser über das betroffene Auge spülen – ca. 20 Minuten lang. Das kann unter dem Spülbecken geschehen oder mithilfe eines Wasserbehälters, während das Kind liegt oder sitzt. Dabei sollten Eltern darauf achten, das Augenlid offen zu halten“
Quelle: Dr. Ulrich Fegeler, Kinder- und Jugendarzt – Kinderaerzte-im-netz.de
Beitragsbild oben: Impact of a drop of water – Urheber: Roger McLassus – Quelle: Wikipedia – Lizenz: Creative Commons 3.0
Ulla
says:Da bin ich ja beruhigt, hatte mir eben nach einem kleinen Badeunfall auch gleich heftige Sorgen gemacht und nun scheint doch alles wieder normal. Der Kleine hat gehustet, 10 Minuten geweint aber dann war wieder alles in Ordnung
Daddy
says:Hallo Ulla und vielen Dank für deinen Kommentar. Es freut mich dass auch bei euch alles in Ordnung gewesen ist nach dem ersten Schrecken. Liebe Grüße Florian
Mama Wolf
says:Lieber Florian, genau das ist mir heute auch passiert…trotz aller Vorsicht hat sich unsere 11 Wochen alte Tochter mit der Faust (an der die mit Hingabe lutscht) Wasser in den Mund befördert und auch kurz die Luft angehalten und gehustet. Wir haben es schnell in den Griff bekommen, sie hat nicht mal geschrien sondern alles ausgesabbert. Dein Beitrag hat mich dennoch beruhigt, nachdem sie sich wie immer verhält. Dennoch werde ich heut Nacht wohl kaum gut schlafen und sie genau beobachten…nicht, dass doch noch was kommt…
Daddy
says:👍 die angeborenen Reflexe sind schon erstklassig. Nicht jedes Verschlucken ist gleich etwas Schlimmes. Beobachten und aufmerksam sein, im Zweifel direkt zum Arzt. Ich denke Du hast Dich genau richtig verhalten!
Daddy
says:Hallo Maximiliane,
ich kann das ganz nachvollziehen. Man macht sich da viele Gedanken. Ich hoffe ihr habt trotzdem ein Auge zubekommen und habt gut geschlafen. Der Körper reguliert zum Glück ja vieles von selbst und das Husten an sich ist ein gutes Zeichen, eben dass dieser Mechanismus eingeatmetes Wasser wieder herauszubefördern funktioniert. Meistens wird das Wasser wohl auch gar nicht eingeatmet, sondern im Halstrakt bereits blockiert und ausgeworfen.
Jasmine
says:Danke erstmal für den Beitrag. Eine Frage hätte ich hierzu aber noch. Was ist die richtige Vorgehensweise wenn mein Kind sich beim Wasser trinken bspw verschluckt? Ich reagiere aus Reflex und klopfe ihr auf den Rücken um sie beim rausbefördern des Wassers zu helfen. Ihr Vater macht nichts und möchte auch nicht dass ich dazwischen greife, da er der Meinung ist, dass sie ihre Reflexe benutzen soll. Ich finde das arg bedenklich.